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Der Erfinder der Lead User:innen Methode: Eric von Hippel im Interview

Auf einer Geschäftsreise nach Boston hatte ich kürzlich die Gelegenheit und Ehre, Eric von Hippel, den Erfinder der Lead User:innen Methode, zu interviewen. Seine Methode beruht auf der empirischen Erkenntnis, dass Innovationen oft nicht von Hersteller:innen initiiert werden, sondern dass die Anwender:innen als treibende Kraft hinter Entwicklungen stehen.

Die Anwender:innen sind die treibende Kraft hinter den Erfindungen.


Popularität der Lead User:innen Methode 

Angela Hengsberger: Wie können wir die Qualität hoch halten und die Popularität der Lead User:innen Methode steigern?

Eric von Hippel: Ihr Unternehmen leistet ausgezeichnete Arbeit und wird immer im Wettbewerb mit Unternehmen stehen, die etwas Billigeres und schlechtere Qualität anbieten. Das gilt in allen Bereichen, richtig? Das bedeutet, dass Sie Ihre eigene Marktnische haben müssen – eine, die Ihre hohe Qualität zu schätzen weiß und bereit ist, einen höheren Preis dafür zu zahlen.

Das war auch meine Erfahrung, als ich ein Unternehmen in diesem Bereich leitete und versuchte, Großunternehmen wie Nestle, Ford und so weiter zu lehren, wie man die Methode anwendet. 

Bei der Auswahl der Kund:innen, die Qualität zu schätzen wissen, ist es wichtig zu berücksichtigen, ob die Menschen für die Studie zahlen werden, auch diejenigen sind, die den Nutzen aus den besseren Ideen, also das Ergebnis, erhalten werden. In einem großen Unternehmen kann es oft zu einer Unterbrechung der Verbindung kommen – zum Beispiel muss die Studie aus dem Budget des Corporate Marketings bezahlt werden, während die Gewinne anderen Unternehmensteilen zugute kommen.

Um die Anreize von Kund:innen besser aufeinander abzustimmen, habe ich oft festgestellt, dass die besten Kund:innen kleinere Firmen sind, an denen der bzw. die Eigentümer:in direkt beteiligt ist. Wenn Sie ein höherwertiges Produkt anbieten und es teurer ist, müssen Sie zu den Menschen gehen, die – aus welchen Gründen auch immer – den Anreiz haben, es zu bezahlen.

Angela Hengsberger: Was halten Sie von diesem neuen Ansatz, Trends und Bedürfnisse zuerst zu analysieren?

Eric von Hippel: Grundsätzlich mag ich die Idee und das Experimentieren, egal welcher Art. So könnte man zum Beispiel auch nach einer Gruppe von Lead User:innen suchen, die sich mit einer Herausforderung bereits länger beschäftigen und leiten daraus die Trends ab.

Beispielsweise sind Patient:innen in der Medizin um ein bestimmtes Innovationsfeld herum sehr aktiv, wie die künstliche Bauchspeicheldrüse. Und dann arbeiten Sie rückwärts und sagen: "Gut, ok, was von diesen Dingen steht wirklich im Vordergrund und wie kann ich das nutzen, um Kund:innen voranzubringen?" Dann machen Sie also überhaupt keine Trendanalyse. Sie springen zunächst direkt in die Aktivität. 

Angela Hengsberger: Würden Sie uns ermutigen, diesen neuen Ansatz populär zu machen?

Eric von Hippel: Ich bin begeistert, dass Ihr Unternehmen das tut, was es tut, aber ich kann eine bestimmte Methode oder einen bestimmten Ansatz nicht unterstützen, ohne die Details genau zu verstehen. Jedes Unternehmen hat seinen speziellen Ansatz, und ich habe keine Daten, um zu beurteilen, ob es besser oder schlechter als andere ist.

Innovationen in der Scientific Research Community

 

 

 

Angela Hengsberger: Einer der größten Innovatoren unserer Zeit, Steve Jobs sagte: „Stay hungry, stay foolish“. Neugierde führt dazu, dass man immer wieder neue Ideen, Verbesserungen braucht und nicht mit dem aktuellen Stand zufrieden ist. Gibt es auch in der Forschungsgemeinschaft führende Nutzer? Profitieren diese auch von den Innovationen nach dem Lead User:innen Verfahren?

Eric von Hippel: Forscher:innen suchen wissenschaftliche Neuheit, sie sind nicht unbedingt auf der Suche nach praktischer Neuheit. Unternehmen suchen nach praktischen Neuheiten. Aber manchmal überschneiden sich die beiden. Eine solche Überschneidung ist die Erforschung neuartiger Methoden in großen Datenmengen – semantische Analyse und so weiter. Diese Methoden werden nun von zwei mir bekannten akademischen Gruppen auf ihre Fähigkeit getestet, Lead User:innen effizient zu finden – zum einen am Institut von Professor Frank Piller in Aachen, zum anderen am Institut von Professor Nikolaus Franke in Wien.

Eine weitere mögliche Überschneidung ist die Untersuchung von Lead User:innen Gruppen und nicht von einzelnen. Da es im Internetzeitalter einfacher ist, sich zusammenzuschließen, werden sie immer mehr Zusammenarbeiten von Lead User:innen erhalten – und diese sind vielleicht leichter zu finden als einzelne Lead User:innen.

Im Falle von Industriegütern denken Sie zum Beispiel an das Open Compute Project. In diesem Projekt haben Facebook und andere Lead User:innen vom Rechenzentrum gemeinsam fortschrittliche Open-Source-Designs erstellt. Dies geschieht immer mehr und mehr und kann eine Quelle von leicht zu entdeckenden Lead User:innne für ihr Unternehmen und andere sein. 

Angela Hengsberger: Vielen Dank für das Interview!

 

Wenn Sie dieses Interview hilfreich und interessant fanden, finden Sie in Eric von Hippels neuem kostenlosem Buch zusätzliches Material zu diesem Thema. "In dem Buch gibt es viele Möglichkeiten für Unternehmen, die Lead User:innen Studien über Konsument:innen durchführen wollen."

Ad Personam: 

Eric von Hippel (* 27. August 1941) ist Ökonom und Professor an der MIT Sloan School of Management mit Spezialisierung auf Grundsätze und Wirtschaftlichkeit verteilter Innovation und sogenannter „open innovation“. Bekannt wurde er durch sein Konzept der „user innovation“, aus dem hervorgeht, dass Endbenutzer und nicht Produzenten zu einem erheblichen Teil für Innovationen verantwortlich sind. Um dieses Phänomen zu beschreiben führte er den Begriff „Lead User“ ein.

Seine Arbeit findet Anwendung in Unternehmensstrategien bzw. freier und Open-Source-Software.

(Quelle: Wikipedia.at)

 

Daniel Zapfl

Durch seine umfangreiche Erfahrung im ganzheitlichen Innovationsmanagement bringt Daniel wertvolle Einblicke und Best Practices aus verschiedenen Branchen in Ihr Innovationsvorhaben ein. Disruptiv und mutig fordert er bekannte Denkmuster heraus. Als TRIZ-zertifizierter Sparringspartner begleitet Daniel Sie verlässlich und strukturiert bei der kreativen Lösungsfindung. Kritischer als der kritischste Kunde, hat er stets das „Big Picture“ vor Augen.
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