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Nachhaltige Lösungen in der Textilindustrie

Nachhaltigkeit ist auch in der Textilindustrie angekommen. Dabei geht es um mehr, als die Verwendung von Bio-Baumwolle und bessere Arbeitsbedingungen. Der Verbrauch von Wasser, Energie und Chemikalien stellt Textilunternehmen auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette vor Herausforderungen.  

Bis ein fertiges Kleidungsstück entsteht, durchläuft es mehrere Produktionsstufen und legt oft Tausende Kilometer zurück.

 

Herausforderungen in der Textilindustrie

Textilien begegnen uns täglich in vielfältiger Form – als Kleider, Teppiche, Handtücher, Sitzbezüge oder medizinische Hilfen. Bis ein fertiges Produkt entsteht, durchläuft es mehrere Produktionsstufen und legt oft Tausende Kilometer zurück.

 

TextilbündnisGrafik:  Produktionskette von Textilien, Textilbündnis – Bündnis für nachhaltige Textilien

 

Bei jedem Schritt in der textilen Kette stehen unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit im Vordergrund, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Produktionsfaktoren, einschließlich Wasser- und Energieverbrauch
  • Die Verfügbarkeit nachhaltiger Rohstoffe
  • Die Auswirkungen der Abfallproduktion
  • Die soziale Verantwortung der Betriebe gegenüber den Mitarbeitern und den Gemeinden, die die Betriebsstätten umgeben
  • Der Einsatz von Chemikalien, einschließlich Farbstoffe und Beschichtungen
  • Gesundheitsrisiken für Textilmitarbeiter:innen sowie für Verbraucher:innen
  • Tierschutz (Beschaffung von Wolle oder Daunen)

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Nachhaltigkeit beginnt bereits beim Produktdesign

Die Materialien, die für ein Textil verwendet werden, bestimmen nicht nur die Struktur der Wertschöpfungs- und Lieferkette, sondern auch die Möglichkeiten des Recyclings. Je mehr unterschiedliche Materialien und Chemikalien zum Einsatz kommen, desto schwieriger wird später das Recycling und desto höher ist letztlich auch der Ressourcenverbrauch. Bei F&E im Textilbereich geht es allerdings nicht nur darum, den Ressourcenverbrauch zu optimieren, sondern auch Cleantechprodukte zu entwickeln, die selbst Ressourcen schonen. Großes Innovationspotential liegt hier in der Anwendung von Textilien als Sonnenkollektoren, Schadstofffilter oder Isolationsmaterial.

Recyclebare Möbelbezugsstoffe

Eine innovative Technologie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien kommt aus dem Hause Climatex. Das Unternehmen achtet bereits im Design der Produkte auf Recycling, Umwelt, Gesundheit und Energie. Die Materialien sind sortenrein trennbar und zu 100 Prozent recyclingfähig. Produkte wie Möbelbezugsstoffe gehen nach ihrer Nutzungsphase wieder in den Kreislauf aus Fertigung, Verbrauch und Erneuerung ein.

Leichte Flugzeug-Teppiche zur Senkung des  CO2-Ausstoßes

Jedes Kilogramm Gewicht, das Airlines einsparen können, reduziert den Kerosinverbrauch und damit auch den CO2 Ausstoß. Die auf Textilien im Transportbereich spezialisierte Lantal Textiles AG hat deshalb einen Flugzeugteppich entwickelt, der deutlich leichter ist, als die konventionellen Flugzeugteppiche. Mit dem „Wool ultra light“ können Airlines – je nach Flugzeugtyp und Streckenprofil – ihren CO2-Ausstoß pro Flugzeug und Jahr alleine um etwa zehn Tonnen reduzieren.

Der Trend zu Slow Fashion

Anders sieht es derzeit noch in der Modeindustrie aus. Der Designprozess hat sich in den letzten Jahren durch die neuen Geschäftsmodelle der großen Modeketten stark gewandelt. Der Onlinehandel und die permanente Erneuerung der Kollektionen schaffen einen schwierig zu durchbrechenden Zyklus. Mindestens vierteljährlich, wenn nicht sogar monatlich oder wöchentlich muss eine neue (Teil-)Kollektion auf den Markt. Es bleibt kaum mehr Zeit und Geld für Designentwicklung, Forschung und Innovation.

Gegentrends zu dieser „Fast Fashion“ – nicht zuletzt aufgrund des steigenden Bewusstseins von Konsument:innen – sind allerdings bereits zu verzeichnen. Unter dem Label Slow Fashion, Green Fashion, Eco Fashion, Faire Trade Fashion gewinnen qualitativ hochwertigere Materialien mit einer höheren Lebensdauer, Ökotextilien und recyclebare Materialien zunehmend an Bedeutung in der Modeindustrie.

Vom Fischernetz zum neuen Outfit  

Die Fasern als Ausgangsprodukte für die Textilproduktion belasten beim Anbau die Umwelt und werden unter hohem Ressourceneinsatz produziert. So werden beim Baumwollanbau große Mengen Pestizide und Wasser eingesetzt und Chemiefasern wie Polyester unter hohem Energie- und Chemieeinsatz aus Erdöl hergestellt.

Ökologisch angebaute Baumwolle,  Wolle aus biologischer Tierhaltung, einheimische Naturfasern wie Flachs oder Hanf und Fasern auf Zellstoffbasis sind Alternativen zu konventioneller Baumwolle. Bei Kunstfasern gibt es die Möglichkeit, statt Erdöl zum Beispiel Milch- oder andere tierische Proteine zu verarbeiten. Diese Innovationen stehen allerdings noch am Anfang ihrer Entwicklung, sind kostenintensiv und bewegen sich im Promillebereich des Gesamtkonsums.

Eine alternative Form der Fasererzeugung ist auch die Wiederverwertung von Rohstoffen. Die italienischen Textilfabriken Carvico und Jersey Lomellina sind ein gutes Beispiel für nachhaltige Rohstoffgewinnung durch Recycling. Mit den ökologischen Innovationen Econyl produced by Aquafil und Healthy Seas setzen sich beide Fabriken für eine sauberere Umwelt nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren ein. Die Unternehmen sammeln im Meer schwimmende Geisternetze ein und stellen recyceltes Nylongarn her. Daraus werden Funktionsstoffe für Schwimmbekleidung hergestellt, womit sich der ökologische Kreis wieder schließt.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Textilunternehmen Thread, das recyceltes Polyester aus Plastikflaschen herstellt. Die Plastikflaschen stammen aus Haiti und Honduras und werden in Fabriken direkt vor Ort gewaschen, geschreddert und schließlich als Chips zur Verarbeitung in Gewebe nach Nordamerika gebracht. Nachhaltigkeit hat in diesem Konzept nicht nur einen ökologischen, sondern durch die Schaffung von Arbeitsplätzen auch einen starken sozialen Aspekt.

Auch der Pioneer für reycelte Polyesterfasern Unifi verwendet als Rohstoff Plastikflaschen, die zu Flocken zerstoßen und anschließend zu Pellets umgeformt, geschmolzen und zu Garn versponnen werden. Das Recyclinggarn kommt jedoch nicht nur bei der Herstellung von Kleidungsstücken zum Einsatz, sondern auch bei der Produktion von Outdoor-Zubehör wie Camping-Hängematten, Wasserflaschen oder aufblasbaren Outdoor-Liegen.

Der Faserhersteller Lenzing wiederum hat auf der Basis von Baumwollabfällen eine neue Faser entwickelt. Die Abfälle stammen vom Textilriesen Inditex, zu dem Marken wie Zara, Pull&Bear, Massimo Dutti und Bershka gehören. Aus den Fasern werden dann wiederum Kleidungsstücke hergestellt, die in den Shops von Inditex verkauft werden.  

Frottiertuch senkt Energieverbrauch um 45 Prozent  

Fasern müssen zu Garnen versponnen und dann für die Flächenherstellung verwoben werden. Neben dem Einsatz von chemischen Hilfsmitteln ist bei diesem Produktionsschritt vor allem der hohe Energieverbrauch für das Spinnen, Weben sowie Wasch- und Trocknungsprozesse umweltrelevant. Energie sparen liegt daher auch im Interesse der Unternehmen. Mit verbesserten Prozessabfolgen oder mit Energierückgewinnung aus der Prozessabwärme versucht man, das Maximum aus der verbrauchten Energie herauszuholen.

Mit innovativen Ideen kann zudem auch dem Konsumenten beim Energiesparen geholfen werden. Die Weseta Textil AG hat ein Frottiertuch entwickelt, das nur 380 g/m2 wiegt und gleichzeitig die Saugkraft eines 600 g/m2 Tuches hat. Damit benötigt man bei der Wäsche 45 Prozent weniger Energie.

Veredelung kann nachhaltig und wirtschaftlich sein

Bei der Veredelung wird das Textil gefärbt, knitterfrei, wasserundurchlässig oder feuerfest gemacht. Europaweit stehen rund 15.000 chemische Substanzen zur Veredlung von Textilien zur Verfügung. Darüber hinaus verbraucht der Prozess sehr viel Wasser. Innovationen zielen daher darauf ab, die chemisch belasteten Abwassermengen zu reduzieren, gleichzeitig aber auch den Frischwasserbedarf zu senken. 

Eine große Herausforderung der Textilindustrie besteht insbesondere darin, dass für gewisse Funktionen von Textilien keine ökologischen Chemikalien am Markt zur Verfügung stehen. Die Entwicklung von ökologisch wie funktionell vertretbaren Alternativen steht deshalb im Fokus von Innovationen. Umweltschonende Methoden sowie die Verwendung von Pflanzenfarben sind Themen, die in verschiedenen Projekten aufgegriffen werden.

Eine wirtschaftliche wie nachhaltige Innovation kommt vom schwedischen Unternehmen WeAre SpinDye. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, Polyesterfasern erst zu spinnen und nachträglich mit vielen Umweltrisiken zu färben, wird die Faser bereits während des Spinnprozesses gefärbt. Das Färben von Garnen oder Stoffen wird damit obsolet, was Ressourcen und Kosten spart. 

Das Konzept des Unternehmens Pepwing hingegen besteht darin, Polyester mit dem Masterbatch ohne Wasser zu verschmelzen. Das Ergebnis dieses Dye Free Masterbatch-Färbeverfahrens ist ein gefärbter Chip, der dann zu Garn ausgepresst wird. Der Vorteil dieser Innovation ist, dass der prozessinterne Wasserverbrauch um 50 Prozent gesenkt werden kann und die hergestellten Gewebe eine höhere Farbfestigkeit aufweisen. Hinzu kommt, dass das Endprodukt recycelbar ist. 

Aufholbedarf bei fairen Arbeitsbedingungen

Die Herstellung des fertigen Produktes kann nur teilweise automatisiert durchgeführt werden und ist mit einem hohen Personaleinsatz verbunden. Die Textilproduktion wird daher vorwiegend in asiatische Länder mit niedrigem Lohnkostenniveau ausgelagert. Dort sind insbesondere Arbeitssicherheit, Kinderarbeit und faire Löhne ein zentrales Anliegen von nachhaltig produzierenden Unternehmen. 

Derzeit scheitert die Umsetzung nachhaltiger Produktionsprinzipien jedoch oft an mangelnder Transparenz, fehlender Kontrolle durch die Behörden und Korruption. Die Verbesserung in diesem Bereich ist ein langsamer Prozess. Initiativen wie das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ oder die Greenpeace Kampagne „Detox“ arbeiten intensiv daran, Verbesserungen in diesem Bereich umzusetzen. 

Auf Nachhaltigkeit bedachte Textilunternehmen sind daher in der Regel auf sich selbst gestellt, wenn es um soziale Nachhaltigkeit geht. Eines jener Unternehmen, das faire Produktion im Ausland bereits umgesetzt hat, ist die workfashion.com AG. Das Unternehmen setzt bei der Produktion seiner Arbeitskleidung auf wenige und möglichst langjährige Lieferant:innen, die sie auch kontrollieren kann. Mit einem eigens dafür zuständigen Team von drei Nachhaltigkeitsspezialist:inen überwacht das Unternehmen seine Zulieferer:innen, besucht sie persönlich und schult sie und die Mitarbeiter:innen. Um die Arbeitsbedingungen auch wirklich beeinflussen zu können, wird auf die kontinuierliche Kapazitätsauslastung bei Produzent:innen geachtet. 

Fazit: Die Textilindustrie ist im Umbruch

In den letzten Jahren hat sich Nachhaltigkeit zu einem wesentlichen Trend in der Textilindustrie entwickelt. Verbraucher sind besser informiert und erwarten zunehmend ökologisch, sozial vertretbare Produkte und damit nachhaltige Lösungen in der Textilindustrie. Hersteller:innen engagieren sich vermehrt, um Innovationspotenziale zu erschließen und nachhaltige Entwicklungen zu fördern. Die Nachhaltigkeitsstrategien erstrecken sich von nachhaltigen Designs über den Einsatz innovativer Materialien und Prozesse bis hin zur Optimierung des Ressourcenverbrauchs und Recycling. Die sozialen und ökologischen Herausforderungen in der globalen Textilwertschöpfungskette können jedoch nur gelöst werden, wenn Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen.

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Barbara Korak

Die erfahrene Researcherin und Innovation Managerin bringt einen ganzheitlichen Blick und Erfahrungen aus verschiedenen Branchen mit. In ihren Projekten greift sie zudem auf ihr Wissen aus diversen Ausbildungen in den Bereichen in Innovationmanagement, Coaching, & Kommunikation, agiles Management sowie Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zurück. Barbara übersetzt – kreativ und analytisch zugleich – den Expert:inneninput in nächste Schritte für Ihr Innovationsvorhaben.
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