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Was ist der Innovationsgrad?

Der Innovationsgrad stellt eine zentrale Schlüsselvariable für den Einsatz von Managementaktivitäten und -instrumenten im Verlauf eines Innovationsprozesses dar. Wie der Innovationsgrad bestimmt werden kann und welchen Nutzen er für den Innovationserfolg hat, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Der Innovationsgrad definiert wie „neu“ eine Innovation ist.

 

Der Grad der Innovation bezieht sich auf den Grad oder das Ausmaß der Neuheit und der Veränderung, die eine Innovation mit sich bringt. Sie wird entweder als radikal (disruptiv, transformativ) oder inkrementell (evolutionär, graduell) kategorisiert, basierend auf dem Ausmaß der Auswirkungen, den erforderlichen Ressourcen und dem damit verbundenen Risiko.

Innovationsgrad als Schlüsselfaktor zu erfolgreicher Innovation

Wesentlich wichtiger als eine klare Definition aus dem Lehrbuch oder die Bewertung der Neuartigkeit nach Einführung der Innovation, ist die Bestimmung des Innovationsgrads im Vorfeld eines Innovationsvorhabens, um die Zielsetzung des Innovationsmanagements festzulegen:

Zum einen können nur dann sinnvolle smarte Ziele festgelegt werden, wenn das Unternehmen eine klare Unterscheidung von Innovationsarten und Innovationsgraden vornimmt. Zum anderen sollte bereits in der frühen Phase des Innovationsmanagements, also im Ideen-Stadium, zwischen Innovationsarten und Innovationsgraden unterschieden werden, um Ideen passend weiterverfolgen zu können. So gehören etwa Produktinnovationen zum klassischen Produktmanagement, die in die laufenden F & E Tätigkeiten integriert sind. Für Ideen mit höherem Innovationsgrad oder innovative Geschäftsmodelle ist es oft nötig, eigene losgelöste Teams zu bilden und das Innovationsvorhaben vom Tagesgeschäft zu trennen.

Innovationsgrade zu definieren ist für ein Unternehmen somit kein Selbstzweck, sondern dient einem effektiven Innovationsmanagement. Der Innovationsgrad ist als ein Schlüsselfaktor zu sehen, der hohe Relevanz sowohl hinsichtlich der Bestimmung von Erfolgsfaktoren in der Entwicklung innovativer Produkte wie auch für eine adäquate Innovationsstrategie in der betrieblichen Praxis besitzt.

Definition Innovationsgrad

Der Innovationsgrad definiert wie „neu“ eine Innovation ist. Der graduelle Unterschied gegenüber dem bisherigen Zustand soll mess- und bewertbar gemacht werden. Die Bewertung von Innovationen in Bezug auf die Neuartigkeit kann sowohl nach Einführung der Novität als auch im Vorfeld eines Innovationsvorhabens durchgeführt werden: Wurde ein neues Produkt, eine Dienstleistung oder ein neuer Prozess eingeführt, kann im Nachhinein bewertet werden, welchen Innovationsgrad die Neuheit hat. Gleichzeitig kennzeichnet der Innovationsgrad auch die Komplexität eines Innovationsvorhabens.

Wie sich radikale Innovationen von inkrementellen Innovationen unterscheiden

Wie neu eine Innovation ist, ist oft auch eine subjektive Betrachtung. Eine Neuerung kann demnach neu

  • für ein Unternehmen,
  • für einen Markt oder Branche, oder
  • für die gesamte Welt sein.

Eine weitere häufig verwendete Klassifikation für Innovation nach der Neuheit ist nach dem Veränderungsumfang:

  • Radikale Innovationen sind neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse und umfassen eine wesentliche Veränderung und Neuerung. Demnach ist auch die Auswirkung größer, zum Beispiel können neue Märkte dadurch entstehen.
  • Inkrementelle Innovationen sind die Optimierung und Weiterentwicklung von Existierendem wie bestehende Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse. Der Zweck und Nutzen sind Optimierung des Nutzens der Kundschaft, Kostenreduktion, Neupositionierung, Anpassung zur Einführung in neue Märkte oder die Anpassung an neue Gegebenheiten wie beispielsweise neue Gesetze und Normen.

Demnach sind radikale Innovationen Basisinnovationen und Revolutionen, inkrementelle Innovationen Verbesserungs-, Anpassungs- oder Folgeinnovationen und damit Evolutionen.

Inkrementelle Innovation vs. radikale Innovation 

 

Inkrementelle Innovationen weisen einen geringen Innovationsgrad auf. Es handelt sich um kleine Veränderungen an bestehenden Produkten, Prozessen oder Geschäftsmodellen, mit denen das Unternehmen auf einem bekannten oder ähnlichen Markt auftritt. Sie implizieren weder neues Wissen noch eine neue Technologie. Bekannte Technologien, Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsmodelle oder Prozesse werden weiterentwickelt, bleiben aber im Kern erhalten:

  • Reduktion der Kosten oder funktionelle Verbesserungen bei bestehenden Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen
  • Nutzt vorhandenes Wissen
  • Erhöht die Wettbewerbsfähigkeit in vorhandenen Märkten oder Branchen
  • Geringe Unsicherheit
  • Weiterentwicklung und Verbesserung bereits etablierter Produkte und Produktabläufe
  • Voraussetzung: langfristige Arbeitsverträge, stabile Karrierestrukturen und industrieweite Tarifabkommen

Radikale Innovationen hingegen stellen etwas grundsätzlich Neues dar, die erhebliche Veränderungen im Produkt, Prozess oder Geschäftsmodell verursachen. Sie verfügen über einen sehr hohen Innovationsgrad.

  • Neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse mit innovativen Eigenschaften
  • Basiert auf neuem Wissen
  • Bewirkt wesentliche Veränderung, die ganze Märkte oder Branchen transformiert oder auch neue kreiert
  • Hohe Unsicherheit
  • Erfordern einen scharfen Bruch mit hergebrachter Routine und überliefertem Wissen
  • Voraussetzung: deregulierte Arbeitsmärkte, schneller Zugriff auf Risikokapital notwendig

Ein Beispiel für radikale Innovationen infolge größerer technologischer Änderungen sind mobile Musikgeräte: Das mobile CD-Gerät war eine radikale Innovation gegenüber seinem Vorgänger, dem (Kassetten-)Walkman, und der MP3-Spieler war es ebenso gegenüber dem CD-Gerät.

Innovationsgrad 

Quelle: Rykroft und Kash (1999, 54)

Ob eine Innovation radikal oder inkrementell ist, liegt oft sehr stark im Auge des Betrachters bzw. der Betrachterin. Daher ist oft eine klare, objektive Differenzierung herausfordernd.

Wichtig ist für Unternehmen und ihr Innovationsmanagement, dass sie für sich Kriterien festlegen, nach denen Innovationen in inkrementelle und radikale Neuerungen eingeteilt werden. Beispiele für Kriterien sind Return on Investment, Höhe der Investitionskosten, Amortisationsdauer, Patentierbarkeit, etc. Somit wären Innovationsideen mit einem hohen ROI, hohen Investitionskosten, einer längeren Amortisation und die patentierbar sind, radikal.

Weitere Modelle: Innovationsgrad nach Jürgen Hauschildt  

Der deutsche Wirtschaftswissenschafter Jürgen Hauschildt definiert Innovation als eine neuartige Kombination aus Zweck und Mittel. Auf der einen Seite stehen die Mittel (Lösungsprinzip, Technologie) als Angebot neuer Problemlösungen durch innovative Ideen. Auf der anderen Seite kann auch ein neuer Zweck (Bedürfnis, Kundennutzen, Anwendung) verfolgt werden.

Innovationsgrad nach Hauschildt

Hauschildts Modell stellt eine Erweiterung des oben genannten Ansatzes dar. Er unterscheidet vier Innovationsgrade: 

  1. Inkrementelle Innovation: Verbesserung eines vorhandenen Zwecks mit vorhandenen Methoden. Der Innovationsgrad ist sehr niedrig, da lediglich geringfügige Veränderungen an bestehenden Produkten, Prozessen oder Geschäftsmodellen durchgeführt werden.
  2. Mittelinduzierte Innovation: Es werden neue Mittel zur Erfüllung vorhandener oder neuer Zwecke angeboten. Mittelinduzierte Innovationen basieren überwiegend auf den F&E-Aktivitäten eines Unternehmens, die im Vergleich zu zweckinduzierten Innovationen oft einen höheren Innovationsgrad aufweisen.
  3. Zweckinduzierte Innovation: Es entsteht ein neuer Zweck, der mit unveränderten oder neuen Mitteln erfüllt wird. Ausgelöst werden zweckinduzierte Innovationen häufig durch die Bedürfnisse oder die Nachfrage von Kund:innen am Markt. Der Innovationsgrad ist hier im mittleren Bereich angesiedelt.
  4. Durchbruchinnovation: Diese Innovationen sind insbesondere dadurch charakterisiert, dass über gänzlich neue Mittel oder eine neue Technologie ein bisher nicht gekanntes Bedürfnis mit hohem Nutzen für Kund:innen gedeckt wird. Durchbruchsinnovationen weisen einen sehr hohen Innovationsgrad auf und werden auch als disruptive Innovationen bezeichnet. Sie haben ihren Ausgangspunkt oft in einer kaum erkannten Nische und sprechen zunächst nur einen kleinen Kund:innenkreis an, bevor sie zu einem dominierenden Marktfaktor werden und etablierte Unternehmen vom Markt verdrängen.

Wie kann der Innovationsgrad detailliert gemessen werden? 

Insbesondere die Einschätzung des Innovationsgrades von Durchbruchsinnovationen erfordert möglichst viele Anhaltspunkte, um das Ausmaß der technologischen und anwendungsbezogenen Veränderungen zu bestimmen. Mit steigendem Innovationsgrad steigt der Zeitaufwand und Ressourcenverbrauch, gleichzeitig wächst das Risiko des Scheiterns überproportional. Kostenhöhe und Kostenstruktur sprengen zudem oft vertraute Vorstellungen des Controllings und erfordern höhere Finanzierungspotentiale.

Eine detaillierte mehrdimensionale Analyse, die den Innovationsgrad in einer Kennzahl ausdrückt, stellt daher eine wichtige Entscheidungsbasis für ein Innovationsvorhaben dar. In der Praxis kommen häufig Scoring-Modelle zur Anwendung, die durch unterschiedliche Gewichtungen bei den einzelnen Anhaltspunkten den Innovationsgrad ermitteln. Nachfolgend finden Sie ein Beispiel zur Bestimmung des Innovationsgrades mithilfe einer Checkliste im Scoring-Verfahren.

 Scoring Verfahren

Quelle: Fallstudien zum Innovationsmanagement; Jan Hendrik Fisch, Jan-Michael Roß  

Fazit: Innovationsgrad = zentrale Schlüsselvariable  

Je höher der Innovationsgrad, desto größer werden die Unsicherheiten für das innovierende Unternehmen in den Bereichen Technologie, Markt, Umwelt, Ressourcen und Organisation. Die Bestimmung des Innovationsgrades zu Beginn eines Innovationsprojektes stellt sicher, dass systematisch die Konsequenzen des Innovationsvorhabens untersucht werden. Erst die Abschätzung des erwarteten Innovationsgrades ermöglicht dem Management die Bestimmung der geeigneten Methodik und Vorgehensweise im Innovationsprozess. 

 

Tanja Eschberger-Friedl

Tanja begleitet Sie mit ihrer klaren und fokussierten Arbeitsweise im strategischen Innovationsmanagement und bei der erfolgreichen Entwicklung von Produkt-, Prozess- und Marktinnovationen. Tanja richtet den Blick stets auf das Wesentliche. Ihr Anspruch: ganzheitliche Lösungen. Dabei bringt sie ihr Fachwissen als Scrum Master und Agile Coach ein.
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