Mit Innovationen agiert man in einem herausfordernden Umfeld, gekennzeichnet von Unsicherheiten, Risiken und Komplexitäten. Mit einem systematischen Innovationsmanagement können die Flops vermieden und die Erfolgsraten signifikant gesteigert werden. Und daher ist es auch wichtig, das Innovationsmanagement kontinuierlich zu verbessern und zu innovieren. Dazu muss man wissen, wo sich die größten Hebel befinden. Und die kann man nur identifizieren, wenn man seinen Ist-Stand und damit seinen Reifegrad kennt.
Das Prinzip eines Reifegradmodells ist die Beschreibung von Schlüsselfähigkeiten und Ausprägungen anhand von Reifestufen. Die Schlüsselfähigkeiten sind in verschiedene Cluster definiert. Hier am Beispiel des Reifegradmodels von Khan/Möhrle zur Evaluierung der Innovationsfähigkeit:
Quelle: Vortrag „Innovationsmanagement in der Energiewirtschaft“ von Prof. Moehrle am Lead User:innen Symposium der TU Hamburg-Harburg am 28. Jänner 2016
Ein typischer Ablauf für die Optimierung des Innovationsmanagements mit einem Reifegradmodell erfolgt in 3 Schritten.
Vor dem eigentlichen Start sollen die Ziele und Erwartungen festgelegt werden. Die Bewertung der Reifestufen, sprich der Ist-Situation, erfolgt üblicherweise über ein Assessment auf Basis eines Fragebogens, der durch die Mitarbeiter ausgefüllt wird. Ein Erfolgsfaktor dabei ist, dass möglichst viele Mitarbeiter aus den verschiedensten Hierarchiestufen und Bereichen eingebunden werden, ...
Eine anschließende Diskussion, Interpretation und Analyse der Ergebnisse durch die Teilnehmer und Schlüsselpersonen mit eventuell auch externen Experten wie Berater liefern weitere Erkenntnisse und Hintergründe.
Auf Basis der Analyse werden Potentiale identifiziert und Maßnahmen abgeleitet. Dort, wo ein relativ niedriger Reifegrad eruiert wurde, werden Aktivitäten zur Optimierung des Innovationsmanagements definiert und priorisiert.
Nach einer angemessenen Zeit, nach der es realistisch ist, dass die Optimierungsmaßnahmen umgesetzt sind und greifen, soll die Wirksamkeit durch ein erneutes Assessment geprüft werden. Dabei ist auch wichtig, dass in Schritt 2 explizit festgelegt wird, bei welchen Handlungsfeldern der Reifegrad erhöht werden soll und dass Zielwerte festgelegt werden. Damit wird die Soll-Situation definiert, diese Definition kann auch schon vor dem Assessment erfolgen. So kann auf quantitativer Ebene die Wirksamkeit der Maßnahmen evaluiert werden.
Anm.: So könnte beispielhaft eine Auswertung des Reifegradmodells aussehen.
Die Optimierung des Innovationsmanagements mittels Assessments und Reifegradmodellen ist zwar mit Aufwänden verbunden, allerdings bringt es sehr viele Vorteile:
Eine breite Einbindung und das Commitment vom Top Management sind die Garanten für eine erfolgreiche Arbeit mit Reifegradmodellen und für die gemeinsame Umsetzung der identifizierten Maßnahmen im Sinne eines Change Managements.
Für ein repräsentatives Ergebnis ist auch eine weite Einbindung aller Funktionsbereiche erfolgskritisch.
Das Assessment mittels Reifegradmodellen kann je nach Wahl des Modells und des Umfangs der Einbindung auch mit erheblichen Aufwand verbunden sein. Dieser Aufwand muss akzeptabel sein und in Relation zum Nutzen stehen.
Ein Nutzen ist allerdings immer gegeben, wenn man systematisch vorgeht und die Verbesserungsmaßnahmen für das Innovationsmanagement in den Mittelpunkt rückt. Die Ergebnisse alleine sind nur Erkenntnisse und bringen nur was, wenn sie in Aktionen, sprich erfolgreiche Umsetzung, führen.
Die Ergebnisse müssen immer in Hinblick auf die unternehmensspezifischen Anforderungen betrachtet werden. Ist beispielsweise ein Unternehmen, das sehr technologie-getrieben agiert und wo das Voice-of-Customer im Innovationsprozess weniger Potential hat, bei der Einbindung von Kund:innen unterdurchschnittlich, heißt das zwangsläufig nicht, dass man hier Defizite hat.
Ergebnisse in Zahlen dürfen nicht immer überbetont und für bare Münze genommen werden, denn dahinter kann auch eine Scheinwahrheit stecken. Daher ist es auch immer wichtig, die Ergebnisse genau zu betrachten: einerseits statistisch, zum Beispiel Analysen auf Basis Funktionsbereiche, Streuungen, usw., aber auch analytisch zur Erforschung von Ursachen und Tatsachen.
Aber auch die Interpretationen der Ergebnisse erlaubt viel Spielraum. Daher sind viele Sichten und Perspektiven anzuhören, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Und um Betriebsblindheit zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, externe Expert:innen wie etwa Berater:innen an Bord zu holen. Dadurch erhält man eine professionelle Fremdsicht und zusätzliche Fachexpertise bei der Anwendung des Reifegradmodells, bei der Analyse der Ergebnisse und bei der Definition von Maßnahmen.
Es gibt zahlreiche Modelle, z.B. ISO 15504 zur Analyse von Innovationsprozessen oder das Beispiel von Khan/Möhrle. Eine Übersicht findet sich auch in der Dissertation „Reifegradmodell zur Kontrolle des Innovationssystems von Unternehmen“ von Christian Bürgin an der ETH Zürich. Darin findet sich auch eine Bewertung der einzelnen Modelle.
Bei der Wahl des Modells ist es wichtig, folgende Fragen für sich zu beantworten:
Reifegradmodelle bieten eine fundierte Analyse und Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen für das Innovationsmanagement. Sie haben viele Vorteile, wie in etwa die Möglichkeit einer breiten Einbindung aller Stakeholder:innen oder die Messung der Wirksamkeit durch wiederholte Anwendung. Möchte man das Innovationsmanagement professionell weiterentwickeln, sind Reifegradmodelle das optimale Werkzeug.