Innovation Insights

6 Dinge, die etablierte Unternehmen von Start-ups lernen können

Geschrieben von Daniel Zapfl | Mar 14, 2017 11:00:00 PM

Das weckt bei vielen die Sehnsucht, sein eigenes Start-up zu gründen. Dabei definiert sich ein Start-up als die Entwicklung eines neuen Produktes und einer Dienstleistung in einem ungewissen Umfeld, also ganz klar als die Umsetzung einer Innovation. 

Und so liebäugeln auch viele Unternehmen mit Start-ups, einerseits als Investitionsoption zur Wertsteigerung, doch vor allem im Kontext der Digitalisierung. Die jungen Unternehmen haben das notwendige Know-How und Zugang zu neuen Technologien, um in der digitalen Welt die richtigen Geschäftsmodelle zur Erweiterung der gestandenen Geschäftsfelder zu entwickeln. Doch einen ganz besonderen Charme hat für die großen, schweren Unternehmen vor allem die Innovationsfähigkeit und Geschwindigkeit, welche die kleinen Start-ups an den Tag legen.

 

Im Vergleich zu den jungen, agilen Unternehmen sind diese Organisationen zum Teil träge, innovationsschwach, verkrustet und verstaubt, knapp vorm organisationalen Burn-Out. Was können nun diese traditionellen und etablierten Großunternehmen von der Faszination Start-ups lernen?

Optimismus gegenüber Neuem

Besonders in Mitteleuropa sehen wir bei Neuem zuerst immer die Gefahren und Risiken und alles, was nicht funktionieren wird. Man startet bei einer Idee mit Analysen, so lange, bis sie fast tot ist. Start-ups hingegen bringen eine hohe Offenheit und einen starken Optimismus gegenüber Neuem, Ideen und Innovationen mit. Man sieht immer das Positive und die Chancen dahinter. Auch diese Einstellung ist etablierten Unternehmen und Konzernen nahe zu legen. Anstatt Angst vor Veränderungen zu haben, soll das Neue immer willkommen sein. Ganz nach dem Motto „Nichts ist unmöglich“ soll immer in Chancen gedacht werden.

Trial & Error als Lernprozess

Unternehmen sind es gewohnt, dass zu Beginn eines Innovations- und Verbesserungsprojektes immer umfangreiche Analysen durchgeführt werden, um möglichst viele Informationen zu sammeln, bevor mit Tatkraft gestartet wird. Auf Basis dieser Analysen, die meistens Annahmen sind, wird ein Projekt aufgesetzt. Dieses Fundament kann leider falsch sein, darum gehen Start-ups bei neuen Ideen mit Ungewissheiten und Unsicherheiten anders um.

Anstatt lange herum zu analysieren und zu diskutieren wird sofort gestartet und einfach ausprobiert. Ansätze und Methoden wie jene von Design Thinking oder Lean Startup kommen zum Einsatz. Dabei werden relativ schnell greifbare, nicht perfekte Prototypen entwickelt, um die Annahmen und Unsicherheiten zu prüfen und so schnell wie möglich aufgrund von Trial-and-Error zu lernen. Auf Basis dieser Lernerkenntnisse und somit auch Fakten wird in Schleifen das neue Produkt schrittweise entwickelt.

Fehlerkultur „Wo gehobelt wird, fallen Späne!“

Dieses oben beschriebene Trial-and-Error Vorgehen erfordert auch eine Fehlerkultur. Das bedeutet aber nicht, dass Fehler willkommen sind und sie gefeiert werden. Das ist ein falscher Mythos.

Fehlerkultur bedeutet, scheitern zu zulassen. „Wo gehobelt wird, fallen Späne“, sagt ein altes Sprichwort. Und wo man neues ausprobiert und Risiken eingeht, können auch Fehler passieren. Werden diese Fehler als Lernchance wahrgenommen, um etwas weiterzuentwickeln, sprechen wir von positiven Fehlern.

Etablierte Unternehmen haben aber Angst vorm Scheitern. Die Chefs fürchten um das Image des Unternehmens oder um Boni. Diese Befürchtungen aber verhindern Innovationen. Daher soll Neues ausprobieren auch belohnt und nicht bestraft werden.

Schnelle Teams statt hierarchische Strukturen

Warum sind Start-ups so viel schneller? Ganz logisch, weil sie kleiner und agiler sind und somit können sie sich schneller abstimmen, rascher Entscheidungen treffen und Neues umsetzen. Das können die Großen nicht kopieren, oder doch?

Unternehmen können agile und selbstorganisierte Teams aufbauen, die genauso effektiv und schnell handeln können wie Start-ups. Diese Teams bekommen einen klaren Auftrag und die Authorität innerhalb der Aufgabe. Das heißt, sie müssen nicht alle Instanzen abklappern, um Entscheidung zu erhalten. Denn das ist das, was Organisationen lähmt. Außerdem ist das Team fachlich tief genug drin, um Entscheidungen fundiert zu treffen. Ist das mal nicht der Fall, können sie ihren Projekt-Owner konsultieren. Diese agilen Teams, zum Beispiel auf Basis von Scrum, machen Unternehmen schneller, produktiver und effektiver und nebenbei werden die Mitarbeiter viel motivierter und engagierter.

Nähe zu Kund:innen

Umso größer ein Unternehmen, umso weniger werden die Mitarbeiter:innen, die direkten Kund:innenkontakt haben. Mit der Distanz Kund:innen geht auch die Orientierung an den Kund:innen und ihren Bedürfnissen verloren. Viel behaupten sogar, sie beschäftigen sich mehr mit sich selbst als mit den Kund:innen. Oft hört man auch die Ironie „Der Kunde stört“. Doch so lustig ist es nicht, denn tatsächlich verstehen viele Unternehmen die Kund:innen nicht mehr, weil die Nähe zum Markt fehlt.

Dies ist natürlich bei Start-ups aufgrund ihrer Größe viel einfacher und auch naheliegend, dass alle Mitarbeiter:innen Kund:innenkontakt haben. Doch in Wirklichkeit ist die Größe egal. Auch große Unternehmen können dafür sorgen, dass Mitarbeiter:innen Kontakt zu den Kund:innen hegen und pflegen, es ist nur eine Frage der Zeit. Eine Zeit, die aber gut investiert ist, denn verstehen kann man Kund:innen und ihre Bedürfnisse erst dann am besten, wenn man mit ihnen direkt spricht.

Unternehmertum statt Silodenken

Unternehmer in Unternehmen lautet das Credo. Verhalte dich so, als wäre es deine eigene Firma. Start-ups sind geprägt vom Entrepreneur-Spirit, alle arbeiten in Richtung eines gemeinsamen Zieles.

Mit der Größe eines Unternehmens wächst aber eine andere Denke, nämlich Unternehmen in Unternehmen. Organisationseinheiten verhalten sich wie einzelne Unternehmen, die mit anderen Einheiten konkurrieren. Silodenken dominiert. Man fokussiert sich nicht auf ein gemeinsames Ziel, sondern die Abteilungsziele stehen im Vordergrund. Das führt zu Interessenskonflikten, Schnittstellenproblemen und mangelnde Beiträge zur gemeinsamen Vision.

Silodenken ist ein wahrer Innovationshemmer. Unternehmen müssen unbedingt dagegen stemmen, beispielsweise durch Förderung der Zusammenarbeit, des Austauschs und der Vernetzung und der Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel.

Fazit: „Start-up Kultur als Inspiration für Unternehmen“

Start-ups sind eine Faszination für sich. Sie bringen ihre volle Performance auf die Straße und sehen unmittelbar eine Wirkung hinter jeder Handlung. Das lässt Sehnsucht entflammen, denn große Unternehmen leiden unter ihrer Komplexität, Größe und auch dem Alter. Doch das soll nicht zur Resignation führen, denn auch etablierte, große Unternehmen, die in der Vergangenheit viel Erfolg hatten, können dem mit verschiedenen Maßnahmen entgegen wirken. Aber nicht einfach, indem sie in den Silicon Valley reisen, die Krawatten ablegen und einen Tischwuzzler aufstellen.

Wichtig sind langfristige und nachhaltige Interventionen zur Förderung des Spirits und der Innovationskultur. Führungskräfte müssen Maßnahmen beispielsweise zur Steigerung der Agilität, Offenheit für Innovationen und des Entrepreneurships setzen. So kommen der Innovationserfolg und, nicht vernachlässigbar, auch der Spaß an der Arbeit von selbst.